Krumhermersdorf: Warum die Ortspyramide im März Extrarunden dreht

Im Schnitzerheim Krumhermersdorf treffen sich derzeit 21 Männer und Frauen, um ihrem Hobby zu frönen. Vorsitzende ist Claudia Richter (vorn links). Foto: Christof Heyden
Im Schnitzerheim Krumhermersdorf treffen sich derzeit 21 Männer und Frauen, um ihrem Hobby zu frönen. Vorsitzende ist Claudia Richter (vorn links). Foto: Christof Heyden

"Freie Presse" vom 28.02.2023, von Christof Heyden

Der Schnitzverein des Ortes zählt aktuell 21 Frauen und Männer. Ganz verschiedene Exponate haben sie bislang geschaffen. Dazu zählt auch das Modell des früheren Bornwalddorfes, das einst dem Talsperrenbau weichen musste.

 

Für die Großpyramide von Krumhermersdorf hat es sich mit dem Finale zu Lichtmess 2023 noch längst nicht ausgedreht: Ab dem 18. März wird sie eine zweiwöchige Zusatzschicht einlegen, und das aus gutem Grund. "Wir feiern in diesem Jahr den 50. Geburtstag unserer Ortspyramide. Sie ist zugleich das größte Exponat der Schnitzausstellung, bei der wir unsere Jubilarin besonders in den Blickpunkt stellen wollen", erklärt der stellvertretende Vereinsvorsitzende Horst Uhlmann. "Mit unserer 14-tägigen Leistungsschau im Vereinshaus am alten Sportplatz wollen wir zudem einen weiteren Termin würdigen: das 95-jährige Bestehen unserer Schnitzergilde", so der 62-jährige, der selbst seit 52 Jahren schnitzt.

 

Pyramide 1973 im Gasthof das erste Mal aufgebaut

Der Pyramide gilt das besondere Augenmerk des Krumhermersdorfers und der 21 im Verein engagierten Akteure, darunter fünf Frauen. Sie ist nach Uhlmanns Worten im Erzgebirge eine Besonderheit: Bergleute, sich gegenseitig tragend, geben über die Etagen hin der Konstruktion Halt, erläutert er. "1973 wurde die Pyramide zur Schnitzausstellung das erste Mal im Gasthof Erbgericht aufgebaut. Seinerzeit stand Johannes Glück dem Verein vor. Seitdem hat sie an verschiedenen Standorten die Betrachter erfreut, sich vorm Schnitzerheim, auf dem Fischerplatz und vor der Sparkasse gedreht. Jetzt hat sie ihren Platz vor dem Vereinshaus gefunden."

Vom Weihnachtsbauverein zum Schnitzverein

Im Schnitzerheim sind die Vorbereitungen für die neue Ausstellung längst angelaufen. So werden bei den dienstäglichen Treffs die Exponate ausgewählt, Leistungsverzeichnisse angefertigt, Dokumente und Fotos gesichtet sowie die Chronik aktualisiert. "Unsere Interessengemeinschaft wurde am 26. Dezember 1926 als Weihnachtsbauverein gegründet, das Jubiläum wäre also 2021 zu feiern gewesen. Die Coronapandemie durchkreuzte allerdings unsere Planungen. Also holen wir das jetzt nach", erzählt Vereinschefin Claudia Richter. Seit 2014 im Amt, hat die Optikerin die Statistik auf Vordermann gebracht: "Wir zeigen zum 17. Mal unsere Werkstücke der Öffentlichkeit. 1936 ist die erste große Ausstellung im Gasthof Erbgericht über die Bühne gegangen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg fanden dann regelmäßig aller fünf Jahre die Schauen statt."

 

Ausstellung zeigt mehr als 300 Exponate

Mehr als 300 Exponate werden bis 2. April zu sehen sein. "Dazu zählen Bergmänner, die von Beginn an ein gern gestaltetes Motiv sind und unterschiedliche Handschriften erkennen lassen", sagt Claudia Richter. Es gebe Engel und andere Traditionsfiguren, aber auch Holzkunstwerke wie große Schwibbögen und Gebrauchsgegenstände wie etwa Schalen. "Traditionell stellen wir zudem Waldmotive aus. Die Ausstellung bietet außerdem die Gelegenheit, Werkstücke früherer Mitglieder kennenzulernen. So halten wir die Erinnerung an sie wach und würdigen deren Tätigkeit für unsere Gemeinde", sagt die Schnitzerin, die sich seit zehn Jahren im Verein engagiert.

 

Ältestes Mitglied ist 84 Jahre

Zu den Exponaten gehört das Modell des früheren Bornwalddorfes. Es erinnert an jenen Flecken Erde, der wegen des Talsperrenbaus weichen musste. Ins Scheinwerferlicht des Vereinshauses wird ebenso das maßstabsgetreue Modell des Domizils der Schnitzer gerückt. "Das Original haben wir von 1962 bis 1965 in 4990 Stunden errichtet", kennt Martin Konrad dessen Werdegang. Mit 84 Jahren derzeit ältestes Mitglied, erzählt er schmunzelnd, wie seinerzeit an einem Sonnabend eine Bauarbeiterbaracke in Flöha abgerissen, nach Krumhermersdorf gebracht und nach und nach ausgebaut worden ist.

 

Der Senior verweist auf ein Exponat, dessen Schicksal bis heute ungelöst bleibt. "Mit einer Gemeinschaftsarbeit zum Thema Holzrückearbeiten im Wald haben wir in den 1970er-Jahren mächtig Aufmerksamkeit erlangt." Die preisdekorierte Arbeit sei sogar zu Ausstellungen wie der renommierten Landwirtschaftsschau Agra in Markleeberg gebracht worden. Auch in Ulan-Bator, der Hauptstadt der Mongolei, war die Arbeit zu sehen. Dort verlieren sich allerdings deren Spuren, Nachforschungen hätten nichts erbracht.

 

Stolz sind die Schnitzer auf ihren Nachwuchs. Derzeit erlernen zehn Mädchen und Jungen, darunter drei Chemnitzer Schüler, das Einmaleins des Schnitzens. Auch diese Gruppe wird mit einigen Arbeitsproben vertreten sein.

Jakob Hunger, das jüngste Mitglied der Erwachsenengruppe, arbeitet an einem Nadelbaum-Modell. Bereits sein Uropa, Heinz Froß, gehörte einst der Gemeinschaft an. Foto: Christof Heyden
Jakob Hunger, das jüngste Mitglied der Erwachsenengruppe, arbeitet an einem Nadelbaum-Modell. Bereits sein Uropa, Heinz Froß, gehörte einst der Gemeinschaft an. Foto: Christof Heyden
Die Schnitzer von Krumhermersdorf bereiten die Schnitzausstellung vor, dabei gehört die Ortspyramide zu den Ausstellungsstücken, die 2023 ihr 50-jähriges Jubiläum feiert. Foto: Johannes Uhlmann
Die Schnitzer von Krumhermersdorf bereiten die Schnitzausstellung vor, dabei gehört die Ortspyramide zu den Ausstellungsstücken, die 2023 ihr 50-jähriges Jubiläum feiert. Foto: Johannes Uhlmann