Tischler bekommen was auf die Ohren

Elektroakustische Hörprüfung bei Maroc Design Krumhermersdorf: Denna Stief von der Zschopauer Filiale der Firma Hörgeräte Ehnert setzt Möbeltischler Markus Volkmann die Kopfhörer auf. Foto: Dirk Trautmann
Elektroakustische Hörprüfung bei Maroc Design Krumhermersdorf: Denna Stief von der Zschopauer Filiale der Firma Hörgeräte Ehnert setzt Möbeltischler Markus Volkmann die Kopfhörer auf. Foto: Dirk Trautmann

"Freie Presse" vom 3. März 2018, von Holk Dohle

Zum heutigen Welttag des Hörens hat sich ein Krumhermersdorfer Firmenchef für seine Mitarbeiter etwas Besonderes einfallen lassen: elektroakustische Signale statt Maschinenlärm.

Mucksmäuschenstill ist es gestern Nachmittag in der Firma Maroc Design Krumhermersdorf gewesen. In den Produktionsräumen, wo sonst Möbelteile an großen Holzbearbeitungsmaschinen bei sehr viel Lärm auf Maß gebracht werden, war kein Laut zu hören. Erst als Anne Dietel am Computer das elektroakustische Signal ein klein wenig erhöhte, nahm Markus Volkmann unter dem Kopfhörer einen ganz feinen Pfeifton war. Die Hörgeräteakustikerin nickte zufrieden. Volkmann ist Möbeltischler und Zimmermann. Für ihn und seine sieben Kollegen hatte Firmenchef Matthias Rochlitzer gestern eine ganz besondere Prüfung angesetzt: einen Hörtest.

Tischlerei sei nun mal ein lärmintensives Gewerbe, sagt Rochlitzer und zeigt auf die Ungetüme im Maschinenraum. Obwohl die Sägeblätter der Kreissägen einen lärmmindernden Schliff hätten, die heutigen Produktionsanlagen im Vergleich zu ihren Vorgängern regelrechte "Flüstermaschinen" seien, dürfe hier keiner ohne Hörschutz rein, betont Rochlitzer: "Im Maschinenbereich ist das Pflicht."

 

Bei den Männern, die in dem Betrieb an der Krumhermersdorfer Hauptstraße Maßmöbel für Praxis-, Laden- und Wohneinrichtungen sowie Objektmöbel fertigen, kommt die Fürsorge des Firmeninhabers an. "Es stößt durchweg auf positive Resonanz, dass der Chef zusätzlich zu den turnusmäßigen Untersuchungen um die Gesundheit seiner Mitarbeiter besorgt ist", findet Markus Volkmann.

 

Dabei geht es nicht nur um Gehörschutz. Obwohl der Trend immer mehr hin zu leichten Werkstoffen gehe, müssten hin wieder auch recht schwere Bauplatten auf die Werkbänke und Maschinen gehievt werden. "Da ist richtiges, körperschonendes Heben wichtig", sagt Rochlitzer. Nachdem ein Physiotherapeut die Bau- und Möbeltischler bislang jeden zweiten Montag am Arbeitsplatz zur Rückenschule bat, ist der Firmenchef nunmehr in Verhandlung mit einem Zschopauer Fitnessstudio, damit seine Mitarbeiter zu besonderen Konditionen an entsprechenden Kursen teilnehmen können.

 

Hörgeräteakustikerin Anne Dietel und Denna Stief von der Zschopauer Filiale der Firma Hörgeräte Ehnert kommen regelmäßig zu elektroakustischen Hörprüfungen in Unternehmen. "Menschen, die ständigem beruflichen Lärm ausgesetzt sind, sollten ihr Gehör in regelmäßigen Abständen untersuchen lassen", empfiehlt Denna Stief.

 

Der Firmenchef hatte für den Welttag des Hörens, der heute begangenen wird, auch noch eine andere Idee. Das Ergebnis ist in der Galerie zu sehen - eine Skulptur aus Holz. "Gehör-Gang" hat der Möbeltischler, Holzkünstler und Designer sein Werk genannt. "Bei kreativer Gestaltung kann ich entspannen, das ist mein Hobby. Da bekomme ich den Kopf frei", so der 57-Jährige. "Na ja, nicht ganz", schränkt er ein. "Denn viele Ideen fließen auch irgendwie in die Produktion ein."

 

Dieser Prozess habe sicher auch zur Erfolgsgeschichte der Firma beigetragen, die in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen feiert. Immerhin sind Maroc-Design-Möbel sogar auf den Weltmeeren unterwegs, denn die Krumhermersdorfer sind Zulieferer beim Bau von Kreuzfahrtschiffen. Beim Gestalten des Gastronomie- und VIP-Bereiches der Heimstätte eines Leipziger Fußball-Bundesligisten hatten die Erzgebirger ebenfalls ihre Hände im Spiel. "Wir sind inzwischen ein gefragter Partner", sagt Rochlitzer. Das treffe im Übrigen auch auf die Nachwuchsgewinnung zu. "Im Gegensatz zu vielen anderen Handwerksbetrieben haben wir keine Probleme, Lehrlinge zu finden." Momentan würden zwei junge Männer zu Bau- und Möbeltischlern ausgebildet.

 

Reserven sieht der Krumhermersdorfer dagegen noch im eigenen Fitness- und Gesundheitsprogramm: "Meine Frau kocht zwar sehr naturbewusst, im Sommer gibt es viel aus dem Garten. Aber als Büromensch müsste ich mich eigentlich viel mehr bewegen."