So läuft Krumhermersdorf's älteste Fotovoltaikanlage

Die Fotovoltaikanlage von Gunther Kreusel arbeitet seit mehr als 20 Jahren zuverlässig. Foto: Andreas Bauer
Die Fotovoltaikanlage von Gunther Kreusel arbeitet seit mehr als 20 Jahren zuverlässig. Foto: Andreas Bauer

"Freie Presse" vom 10. Juni 2022, von Mike Baldauf

20 Jahre profitierte Gunther Kreusel von einer hohen Einspeisevergütung ins elektrische Stromnetz. Jetzt hat der Solarstrompionier sein Sonnenkraftwerk auf Eigennutzung umstellen lassen. Und er hat ein neues Projekt.

 

Gunther Kreusel wirkt zufrieden, wenn er auf das Dach seines Wohnhauses blickt. Explodierende Energiepreise veranlassen immer mehr Hausbesitzer, über die Nutzung erneuerbarer Energien nachzudenken und elektrischen Strom selbst zu gewinnen. Bei dem Krumhermersdorfer ist diese Entscheidung schon vor langer Zeit gefallen.

Auf einer Fläche von 20 Quadratmetern wandeln 30 Fotovoltaikmodule Sonnenlicht in elektrischen Strom um. Mit einer Spitzenleistung von 2,5 Kilowatt ist die Anlage zwar nicht so leistungsfähig wie eine mit Solarzellen aus neuerer Produktion. Dafür arbeiten Kreusels Glas-Folien-Module schon seit mehr als 20 Jahren zuverlässig. Genauer gesagt seit dem 18. Oktober 2001. Seitdem notiert er regelmäßig den Ertrag der ältesten Anlage Krumhermersdorfs. Nach kurzem Blättern in dem Büchlein findet er das Jahr mit der besten Sonnenausbeute. 2208 Kilowattstunden flossen 2003 von seinem Dach ins öffentliche Stromnetz. Demgegenüber steht das Jahr 2013 mit der bislang schlechtesten "Sonnenernte".

Der Krumhermersdorfer gehört zu den Solarstrompionieren im Erzgebirge. "In den 1990er-Jahren habe ich in einem Bericht gelesen, wie man aus Licht Strom gewinnen kann. Das faszinierte mich so, dass ich mich näher damit befasste", berichtet der frühere Lokomotivführer und jetzige Rentner über die Anfänge. Damals war gerade das 1000-Dächer-Programm ins Leben gerufen worden - ein Subventionsprogramm für PV-Anlagen (PV steht für Fotovoltaik), das ursprünglich nur für Westdeutschland konzipiert und ein Jahr nach dem Start auf ganz Deutschland ausgedehnt wurde.

 

In der ersten Phase förderten Bund und Länder die Anlagen- und Investitionskosten mit 70 Prozent. "Weil in anderen Bundesländern höhere Einspeisevergütungen gezahlt wurden, ließ ich wieder die Hände davon", sagt Gunther Kreusel. Zur Jahrtausendwende war dann die Zeit reif für sein Projekt. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz stieg die Vergütung für die ins Netz gespeiste Kilowattstunde Strom auf mehr als 50 Cent. Neben der PV-Anlage ließ der Krumhermersdorfer gleich mit eine thermische Solaranlage installieren. Das darin von der Sonne erwärmte Wasser nutzt er in einem Pufferspeicher zur Heizungsunterstützung und Warmwasserbereitung.

 

"Viele sagten mir, dass sich der Aufwand nicht lohne. Doch für mich stand nicht die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Ich habe gesehen, was für eine katastrophale Welt wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen werden." Gunther Kreusel verfolgte damals die Arbeit des Clubs of Rome - ein Zusammenschluss von Experten verschiedener Disziplinen aus mehr als 30 Ländern, der sich für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit einsetzt. Aufsehen hatte die Organisation mit der 1972 veröffentlichten Studie "Die Grenzen des Wachstums" erregt. Der Bericht beruht auf einer Computersimulation und kommt zu dem Schluss, dass die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde in den nächsten 100 Jahren erreicht sind, falls die Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion sowie der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält.

 

Gunther Kreusel will seinen Beitrag leisten, damit es nicht so weit kommt. Es gehe ihm nicht um Amortisierung, beteuert er. Das trifft auch auf ein neues Projekt zu, das aus rein wirtschaftlicher Sicht sicherlich Blödsinn sei. Mit Hilfe eines Batteriespeichers will er einen Teil der auf dem Dach gewonnenen Energie für Haushaltsgeräte nutzen, wenn die Sonne schon untergegangen ist. Die Anschaffung rechne sich allerdings erst in 20 Jahren.

 

Nach Ablauf der 20-jährigen Förderfrist hat Gunther Kreusel seine PV-Anlage im Februar auf Eigennutzung umstellen lassen. Bis dahin erzeugte er knapp 40.000 Kilowattstunden elektrischen Strom. Die Einspeisung ins Netz bekam er mit 50 Cent pro Kilowattstunde vergütet. Jetzt sind es noch 4 Cent. Deshalb will der Krumhermersdorfer heute so viel wie möglich Solarstrom für den Selbstverbrauch nutzen. "Ich rechne mit einem Drittel, der Rest geht weiter ins Netz."

 

Weil er seine Überlegungen und Erfahrungen gern mit anderen teilt, organisiert Gunter Kreusel bis heute Solarstammtische. Am Anfang ging es ihm darum, Hausbesitzer davon zu überzeugen, auch eine Solaranlage zu installieren. Krumhermersdorf war gerade Förderdorf geworden. "Ich dachte mir, wenn jetzt im Ort viele Dächer erneuert werden und keine PV-Anlage draufkommt, dann wird da so bald nichts mehr passieren." Einige zogen damals mit und folgten seinem Beispiel. 2008 ging mit der Inbetriebnahme eines Bürgersolarkraftwerkes ein Traum für Mitinitiator Gunther Kreusel in Erfüllung. Die PV-Anlage mit 120 Modulen arbeitet auf einem Stallgebäude im Ort.

 

Gunther Kreusel ist zugleich zuversichtlich, dass seine eigene PV-Anlage noch viele Jahren Strom liefern wird. Die Module haben die lange Zeit schadlos überstanden. Nur der Wechselrichter - ein Verschleißteil bei der Stromproduktion- musste zweimal ersetzt werden. Dass die Solarzellen mit der Zeit ermüden und nicht mehr die volle Leistung bringen, davon hat der Krumhermersdorfer noch nichts bemerkt. "Ausschlaggebend ist das Wetter. An klaren und kalten Tagen ist der Ertrag am höchsten."